Interview mit Esther Kaufmann

Esther Kaufmann

TEIL 2: Ein Interview mit Kursleiterin Esther Kaufmann NACH dem ersten Online-Kurs, sie leitete „Online Kurzgeschichten schreiben"

Wie kann ich mir ein Treffen im virtuellen Kursraum vorstellen?

Im Vordergrund stand bei unserem ersten eineinhalbstündigen Treffen im Netz das gegenseitige Kennenlernen. In einem Spiel habe ich die Teilnehmer aufgefordert, einen Gegenstand aus ihrer Wohnung zu nehmen und ihn aus dessen Perspektive vorzustellen. Etwa so: „Hallo, ich bin das Kuscheltier der Tochter. Manchmal behandelt sie mich ziemlich rabiat ...“ So haben wir auch etwas übereinander erfahren.

Wie läuft der Kurs genau ab?

Bei unserem ersten Termin habe ich alle acht Kursteilnehmer einmal einzeln per Video freigeschaltet. So konnte sich jeder kurz vorstellen Dann habe ich immer zwei Kursteilnehmer „verpartnert“. Diese beiden arbeiten während des gesamten Kurses als Team zusammen und geben sich gegenseitig Feedback. Im virtuellen Kursraum finden die Teilnehmenden einen Lernplan mit verschiedenen Aufgaben. Zu jeder Aufgabe gibt es einen Link. Dieser Link öffnet ein Feld, in das die Teilnehmer direkt hineinschreiben können. Wenn sie fertig sind mit ihrer Bearbeitung, verschicken sie die Texte als Nachricht in der Cloud und arbeiten anschließend weiter an ihnen. Ganz am Ende des Kurses, beim gemeinsamen Abschlusstermin, präsentieren alle ihre Ergebnisse.

Was war noch gewöhnungsbedürftig für Sie?

Am Anfang habe ich gefühlt sehr lange ins Nichts monologisiert. Da kommt man sich schon ein bisschen komisch vor. Doch dann haben mir die Teilnehmerinnen Daumen-hoch-Emojis geschickt ...

Gibt es Hausaufgaben und wo werden sie abgegeben?

Es gibt nur Hausaufgaben ... Die Kursteilnehmer bekommen von mir Übungen für ein- oder zweiwöchige Einheiten. Ihre Ergebnisse posten sie im virtuellen Kursraum in der Dateiablage und bekommen dann konstruktive Kritik von ihrem Partner. Anschließend überarbeiten sie die Texte und bekommen auch von mir ein Feedback.

Was schätzen die Teilnehmer*innen am Online-Format?

Die meisten Teilnehmerinnen schätzen den Online-Kurs, weil er super zu ihrer Lebenssituation passt. Sie können die Aufgaben in ihrem eigenen Tempo zu Hause bearbeiten, stehen jedoch über den virtuellen Kursraum trotzdem in Kontakt zu den anderen und können sich mit ihnen austauschen.

Welche Beweggründe gibt es, an einem Online-Kurs teilzunehmen?

Unterschiedliche, vermute ich. Eine Teilnehmerin hat zum Beispiel ein Kind – für sie wäre es schwierig, einen herkömmlichen Kurs zu besuchen.

Was empfehlen Sie anderen Kursleiter*innen, die sich an das Online-Format wagen möchten?

Ich kann die Kursleiter nur ermutigen, Ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Man sollte einen kleinen Puffer für technische Fragen einbauen, aber im Vordergrund stehen auch in dieser Form die Inhalte. Ich kann mein zwischenmenschliches Talent auch virtuell ausspielen, die interaktiven Elemente unterstützen mich. Erfahrung im Unterrichten hilft natürlich – egal ob online oder nicht.

 

TEIL 1: Ein Interview mit Kursleiterin Esther Kaufmann VOR dem ersten Online-Kurs, sie leitet „Online Kurzgeschichten schreiben“

Eine Volkshochschule ohne Lernen vor Ort, ohne wirkliche Begegnungen von Menschen – wie geht das bloß, haben wir uns gefragt. Und sind zu dem Schluss gekommen: Wir können uns trotzdem treffen. Virtuell und mit deutlich mehr Distanz, aber trotzdem nah. Auch wenn es technisch manchmal noch etwas ruckeln sollte: Wir wollen mit Ihnen zusammen Neues wagen und unser digitales Angebot in den kommenden Wochen Stück für Stück erweitern. Um Ihnen einen ersten Einblick zu geben, was Sie im virtuellen Unterrichtsraum erwartet und vielleicht den einen oder anderen Vorbehalt aus dem Weg zu räumen, haben wir mit Esther Kaufmann gesprochen. Die 34jährige Autorin und Dozentin für Literatur lehrt seit 2009 bei der VHS und leitet für uns den Kurs „Online Kurzgeschichten schreiben“. Der ist zwar schon ausgebucht, doch die nächsten Kurse stehen bereits in den Startlöchern.

Frau Kaufmann, Sie haben zwar schon einige Erfahrung im Anleiten von Online-Kursen – dass ein Kurs komplett online stattfindet, ist allerdings auch für Sie neu, oder?

Ja, ich bin ein bisschen aufgeregt. Bisher gab es immer einen Präsenztermin am Anfang, der fällt jetzt natürlich weg. Ich freue mich, dass der Kurs trotzdem stattfinden kann. Und ich bin gespannt, ob er in den Texten thematisch durch Corona beeinflusst wird.

Was ist online anders?

In meinen Kursen steht die Kreativität der Gruppe im Vordergrund, die Begegnung durch das gemeinsame Schreiben. Die Teilnehmer schätzen das direkte Feedback sehr. Ich hoffe, dass dieser Austausch auch online möglich ist. Darum versuche ich, gruppenstärkende Übungen anzupassen und denke mir interaktive Übungen aus.

Nennen Sie uns ein Beispiel?

Ein Teilnehmerin bekommt per Nachricht einen Ort geschickt. Den beschreibt sie dann mit allen fünf Sinnen so genau wie möglich. Die anderen raten, ebenfalls per Nachricht, welcher Ort das sein könnte. Oder ich schreibe auf ein digitales Blatt Papier eine Figur – zum Beispiel „Marie, 16 Jahre“ – und fordere einen Teilnehmer auf, sich eine Eigenschaft für diese Figur zu überlegen. Diese Eigenschaft schreibt er dann online auf dassselbe Blatt. So machen wir aus der Not eine Tugend.

Brauchen die Teilnehmer*innen eine spezielle technische Ausstattung?

Nein. Sie brauchen nur einen Computer, Internet und einen passenden Browser. Oder alternativ eine App auf ihrem Handy. Wir arbeiten über die vhs.cloud mit edudip. Das ist eine Software, mit der man Konferenzen machen kann. In einem Videocall halte ich eine Art Präsentation. Die Teilnehmer sehen mich auf ihrem Bildschirm und können mir Fragen und Kommentare schreiben, die für alle sichtbar sind. Auf die gehe ich dann ein. In diesem digitalen Kursraum teilen wir auch Übungen und Texte. Kamera und Mikrofon wären zwar schön, sind aber nicht notwendig.

Welche Vorteile bieten Online-Kurse in Ihren Augen?

Meine Erfahrung ist, dass die Texte eine andere Qualität bekommen, besser werden. Sie sind weiter gedacht, weil die Teilnehmer für die Aufgaben mehr Ruhe haben. Die Leute arbeiten sehr gewissenhaft.

Kommen vor allem jüngere Teilnehmer*innen in Ihre Online-Kurse?

Beim letzten Mal waren zwei Damen um die 70 dabei. Schreiben tun ja Menschen jeden Alters. Der Durchschnitt ist ähnlich wie bei meinen Kursen, die offline stattfinden.

Wo sehen Sie noch Schwierigkeiten beim Online-Format?

In der Startphase klären wir meist viele technische Fragen. Es wäre natürlich doof, wenn jemand gar nicht in die Software reinkommt. Oder das Bild einfriert. Da wäre meine Sorge als Kursleiterin, nicht zu den eigentlichen Inhalten zu kommen. Zum Glück habe ich aber eine technische Unterstützung, die ich kontaktieren kann, wenn etwas schiefgehen sollte. Mein Telefonjoker sozusagen.

Worin besteht für Sie die größte Herausforderung?

Ich frage mich vor allem, wie ich das Zwischenmenschliche transportieren kann. Ob ich das auch online hinkriege. Normalerweise bereite ich mich sehr intensiv vor. Das geht jetzt nicht ganz so gut. Deshalb hoffe ich auf das Verständnis der Teilnehmer, wenn ich zwischendurch mal improvisieren muss.

Wir wünschen viel Freude mit Ihrem Kurs und einen inspirierenden Austausch!

Weiterführende Links

Weitere Kurse der Kursleiterin gibt es hier: https://www.vhs-hamburg.de/suche?l%5B%5D=5731&q=

Alle unsere Online-Kurse finden Sie hier: https://www.vhs-hamburg.de/kampagnen/online-lernen-958

Das Interview führte Maike Schlaht.

 

Support